Geschichte der Atemtherapie


Atemtherapie zählt zu den ältesten therapeutischen Verfahren und wurzelt sowohl in östlichen als auch in abendländischen Traditionen.

 

In der östlichen Kultur sind seit Jahrtausenden Praktiken wie Yoga (Indien) und die Atem- und Bewegungstechnik des Qi Gongs (China) bekannt.

Die fernöstlichen Atemtechniken des Hatha-Yoga beinhalten oft sehr präzise Vorgaben für Ein- und Ausatemübungen, die durch "Asanas" – Körperübungen – zusätzlich verstärkt werden. Im antiken Griechenland entstanden zudem die sogenannten Pneumaschulen.

 

Friedrich Nietzsche (1844–1900) war einer der ersten, der sich entschieden gegen die "Verächter des Leibes" wandte. Er legte bereits die Grundzüge jener Leibphilosophie fest, die Körper und Seele als eine untrennbare Einheit begreift: Der Mensch hat nicht nur einen Körper, er ist Leib und Seele.

 


19. Jahrhundert

Im 19. Jahrhundert entwickelte sich in Europa, vor allem in der Schweiz und in Deutschland, eine eigene Körperkultur, die "Leibesübungen" propagierte. Auch die Massage etablierte sich in dieser Zeit. Das Theater brachte zudem wichtige Impulse für die Körperpsychotherapie.

 

Man erkannte Zusammenhänge zwischen der Körperhaltung und der inneren Haltung eines Menschen. Drei Persönlichkeiten hatten, unabhängig voneinander, einen entscheidenden Einfluss auf die Entstehung dieser neuen Bewegung

  • François Delsarte (1811 - 1871), Schauspieler und Leiter der Schauspielschule in Paris. Er erforschte intensiv die Gesetze der Bewegung, des Atems und der Stimme.
  • Der Schweizer Emile Jacques Dalcroze (1865 - 1950) machte den musikalischen Rhythmus zur Grundlage seiner Arbeit in der Körperschulung.
  • Der Österreicher Leo Kofler (geb. 1837), Chordirigent in New York erforschte unermüdlich die Geheimnisse der Atmung, entwickelte eine "Atem- und Sprechschulung" und entdeckte die "natürliche Atmung."

Pioniere der Atemtherapie

Aus der Tradition von Delsarte ging ein entscheidender Impuls für die Bewegungstherapie von der Gymnastiklehrerin Elsa Gindler (1885–1961) aus. Sie war eine der Ersten, welche die Sinnlosigkeit des rein mechanischen Übens erkannte, wie es etwa im "Deutschen Turnen" praktiziert wurde.

 

Ihre Lehrweise stellte das bewusste Erleben und Erfahren körperlicher Prozesse, insbesondere das Wechselspiel von Spannung und Entspannung, in den Mittelpunkt.

 

In den folgenden Jahrzehnten entwickelten sich verschiedene "Atemzweige" in Europa, darunter der niederländische Sänger C. Veening, der Lehrer von Prof. Ilse Middendorf war.

 

Carl G. Jung, Gustav Heyer, Wilhelm Reich, C. Venning und Sándor Ferenczi zählen zu den Pionieren der psychologisch orientierten Atemtherapie.

 

Venning bot einen völlig neuen Ansatz an. Er betrachtete die Entfaltung des Atems in den drei Leibräumen (Kopf, Herz, Bauch) als einen Individuationsweg des Ichs und bezog sich dabei auf die Tiefenpsychologie von C. G. Jung.

 

Die reflektorische Atemtherapie nach Dr. J. L. Schmitt, die Atemlehre von Dr. med. Volkmar Glaser, der Pädagoge und Musiker Hinrich Medau, Klara Wolf und die Atemarbeit nach Herta Richter – sie alle haben die Arbeit mit dem Atem weiter erforscht, verfeinert und nachhaltig geprägt.

 


Ilse Middendorf

Frau Prof. Ilse Middendorf entdeckte den sogenannten "zugelassenen Atem", der von selbst kommt und von selbst geht. Dieser ergänzt den willentlichen Atem (männlich) durch das bewusste, achtsame Geschehenlassen (weiblicher Aspekt) des Atems.

 

Die Atemarbeit, die ihr bekannt war, etwa im Yoga oder in der damals beliebten Schwedischen Atmung, war ein Akt des Willens. "Jahrtausende lang galt das Männliche: Ich will. Aber das ist nicht vollständig. Ich habe das Weibliche im Atmen entwickelt – das Kommenlassen."

 

1965 gründete Ilse Middendorf in Berlin ein Ateminstitut und war an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst als Professorin tätig. 1982 eröffnete Ursula Schwendimann die erste Atemschule nach der Methode Middendorf in Männedorf, ergänzt durch ein therapeutisches Modell der Psychosomatik nach Dr. Edgar Meier.

 

In Zürich entwickelte Dr. med. Yvonne Maurer die "Ganzheitlich Integrative Atemtherapie IKP". Sie kombinierte die Atemgrundlagen von Glaser, Middendorf und von Gunten mit dem Anthropologischen Würfelmodell, um eine umfassendere Therapieform zu schaffen.

 

Seitdem gibt es eine lebendige Weiterentwicklung der verschiedenen Methoden. Diese kurze Exkursion in die Geschichte der Atemtherapie erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

 

Atemtherapie ist vielfältig - fördert und stärkt Ihre Gesundheit und Ihr Wohlbefinden auf ganzheitliche Weise.

 

Die Atemtherapie ist eine von EMR und ASCA anerkannte komplementärtherapeutische Methode, deren Wirkung wissenschaftlich in klinischen Studien belegt ist.


Das Wort "Atem"

Deutsch: Odem -  Atem, Hauch, Seele, Geist

 

Lateinisch: Respiratio - Atmung, Zellatmung

 

Griechisch: Pneuma - Seele, Feuer, Lebensgeist

 

Hebräisch: Ruach - Geist, Wind, Hauch

 

Altindisch Sanskrit: Atman, Atma - das in uns wirksame Göttliche

 

Hinduismus: Prana - Lebenskraft, universelle Lebensenergie

 

Chinesisch: Chi - Lebenskraft, Energie, Atem

 

Hawaiianisch: Ha - Atem des Lebens, die Essenz aus der Leben entsteht